Hohe Welle an RSV-Infektionen bei Kindern nach Lockerung der Corona-Maßnahmen. Lesen Sie hier kompakt zusammengefasst über die interessanten Hintergründe und konkreten Empfehlungen, die Prof. Dr. med. Markus Rose im Live-CME Webinar der PARI Akademie erläuterte.
Unter normalen Umständen breitet sich RSV ebenso wie das Influenza Virus vor allem in den Wintermonaten aus. Die RSV Saison beginnt gewöhnlich im November und läuft dann bis März oder April. Die winterliche Saisonalität ist durch mehrere Faktoren zu erklären: Während vermehrte Aufenthalte in Innenräumen die Ausbreitung via Aerosolen begünstigen, machen uns die niedrige Außentemperatur und trockene Luft empfänglicher für die Viren. Niedrige Temperaturen führen dazu, dass die angeborene antivirale Abwehr verringert wird. Die trockene Luft beeinträchtigt zudem unsere natürliche Schutzbarriere unserer Atemwege, die mukoziliäre Clearance.
Derzeit scheint diese Saisonalität der RSV Infektion außer Kraft gesetzt zu sein. Laut Prof. Rose kommt diese Entwicklung nicht überraschend, da sich ähnliche Trends nach Lockerungen der Corona-Maßnahmen bereits in Ländern der südlichen Hemisphäre gezeigt hatten. Beachtlich ist allerdings schon, dass deutlich mehr Kinder und schwerer an RSV erkranken, als dies vor der Corona Pandemie der Fall war. Die Ursache wird in dem fehlenden Immuntraining vor allem bei Ein- bis Zweijährigen gesehen.
Prof. Dr. med. Markus Rose; Ärztlicher Leiter des Bereichs Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und CF, Klinikum Stuttgart
Wozu kann man Eltern und Patienten nun raten? Eine sinnvolle Intervention kann z. B. die Inhalation von isotoner (0,9 % NaCl) und hypertoner (> 0,9 %) Kochsalzlösung sein. Dies gilt präventiv, aber auch zur Behandlung. Die Inhalation von Kochsalzlösung hat positive Wirkungen auf die beeinträchtigte mukoziliäre Clearance.
Prof. Rose betonte jedoch, dass die Inhalation von Kochsalzlösung nicht „per Kochtopf“ – also als Dampfbad durchgeführt werden solle. Diese Dampfbäder seien von fraglicher Wirksamkeit, da das gelöste Salz nicht verdampfe, sondern im Topf verbleibe und nur heißer Wasserdampf inhaliert werde. Zudem bestehe Verbrühungsgefahr.
Des Weiteren wies Prof. Rose auf Inhalationslösungen hin, die zusätzlich zur isotonen oder hypertonen Kochsalzlösung das natürliche Zellschutzmolekül Ectoin enthalten. Diese führen sogar zu einer Verstärkung der positiven Effekte der Kochsalzinhalation.
Neben der Inhalation von Kochsalz mittels Vernebler spricht sich Prof. Rose für eine Vitamin D-Gabe zur Prophylaxe und therapeutisch für Honig (ab dem 2. Lebensjahr), ätherische Einreibungen sowie Nasenspülungen mit Kochsalzlösung aus, wobei Letztere auch präventiv wirksam sind.
Bei den intensiv für Erkältungen beworbenen Selbstmedikationspräparaten rät Prof. Rose zur Vorsicht. Viele Präparate hätten kaum über Placebo hinausgehende Wirkungen, während gerade bei jungen Kindern mögliche unerwünschte Ereignisse mehr Kollateralschäden mit sich brächten als Therapienutzen.
Erwähnung fand auch, dass es bereits eine Studie aus dem Jahre 2004 gibt, die zeigt, dass sich durch die Inhalation von isotoner Kochsalzlösung auch die Weiterverbreitung von Viren durch sog. „Superspreader“ verringern ließe. Die Aerosolmenge in der Ausatemluft bei potenziellen Superspreadern reduziert sich über die Dauer von sechs Stunden um bis zu 72 %, nachdem für nur sechs Minuten isotone Kochsalzlösung inhaliert wurde. Diese Beobachtung hat im Kontext von COVID19 eine aktuelle Relevanz erfahren.
Solche Erkenntnisse können auch mit Blick auf die nahe Zukunft interessant sein, denn epidemiologische Hochrechnungen prophezeien für die kommenden Jahre auch verstärkte Influenza-Wellen [1]. Schließlich sagte Prof. Pfeifer, Past-Präsident der DGP bereits 2007: „Insgesamt ist die Inhalation mit Kochsalzlösung unabhängig von der Art des Krankheitserregers wirksam – und das ohne Neben- oder Wechselwirkungen.“
[1] Baker RE et al. The impact of COVID-19 nonpharmaceutical interventions on the future dynamics of endemic infections. ProcNatlAcadSci2020;117(48):30547–53.
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