Seit über einem Jahr hält das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 und die dadurch ausgelöste Erkrankung COVID-19 die Welt in Atem. Einige Fragen und Unsicherheiten sind mittlerweile beantwortet, andere wurden neu aufgeworfen. Während die Ansteckung über Tröpfchen von Beginn an Konsens war, galt anfangs die Übertragung durch besonders feine Teilchen (Bioaerosole) über die Ausatemluft infizierter Personen noch als fraglich. Mittlerweile sind Bioaerosole als wichtiger Übertragungsweg von COVID-19 anerkannt.[2]
Diese Erkenntnis führte dann ihrerseits zu Unsicherheiten im Hinblick auf die inhalative Therapie von Patienten mit Atemwegserkrankungen. Auch deshalb, weil nicht klar zwischen – vom Patienten stammenden – Bioaerosolen und aus dem Vernebler stammenden medizinischen Aerosolen unterschieden wurde.[3] Solche Bedenken zum Schutze des Personals und anderer Patienten sind zwar hochethisch und durchaus nachvollziehbar, dennoch hat sich weitestgehend der Konsens durchgesetzt, dass „Medizinische Aerosole aus einem Vernebler nicht vom Patienten stammen und somit keine Viruspartikel des Patienten in sich tragen. Bislang gibt es keine wissenschaftliche Grundlage für Befürchtungen, dass Medikamentenaerosole vor dem Ausatmen in der Lunge des Patienten mit Viren kontaminiert werden können. Wenn ein Tröpfchen des Medikamentenaerosols mit einer kontaminierten Schleimhaut verschmilzt, ist es folglich nicht mehr in der Luft und daher nicht mehr Teil eines Aerosols“[3]
Immer mehr Fachgesellschaften – national, wie international – schreiben in ihren Stellungnahmen, dass Patienten, die auf die Inhalation mittels Vernebler angewiesen sind, diese auf jeden Fall fortführen sollen.[4, 5] Die Inhalation mittels Vernebler scheint nicht nur sicher zu sein, sondern kann sogar einen sinnvollen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten: das inhalieren von isotoner Kochsalzlösung kann dazu führen, dass sich die ausgeatmete Menge an Bioaerosolen und damit auch die Keimlast reduziert. [1, 3, 5, 6]. Sollten dennoch Bedenken bestehen, so könne „ggf. […] ein Vernebler verwendet werden, bei dem im Exspirationsschenkel ein Filter aufgesetzt wird.“ [5, 7]
Dr. Thomas Voshaar; Aerosol-Experte und ärztlicher Berater des Gesundheitsministeriums
Hier finden Sie das vollständige Interview von Dr. Thomas Voshaar
Über ein Jahr nach Bekanntwerden des ersten Corona-Falles stellen sich auch hierzulande immer mehr Patienten mit Langzeitfolgen der COVID-19 Infektion in Arztpraxen vor. Was wir bisher wissen: Long Covid scheint unabhängig von der Schwere des Krankheitsverlaufs aufzutreten. Wozu kann man diesen Patienten raten?
Die Arbeitsgruppe um Machado aus Brasilien hat kürzlich in einem Pre-Print Report robuste biologische Daten zur möglichen Rolle von hypertoner Salzlösung (HS) als prophylaktische und alternative Therapieoption bei COVID-19 veröffentlicht. Auf Basis ihrer in vitro Experimente in Epithelzellen von Affen (Vero Zellen) konnten sie nachweisen, dass 1,5%ige NaCl Lösung die SARS-CoV-2 Vermehrung vollständig blockieren kann. Dabei gehen sie davon aus, dass es sich um einen intrazellulären Wirkmechanismus handelt und der inhibierende Effekt von HS auf den Lebenszyklus des Virus durch eine Depolarisierung der Plasmamembran zustande kommt [8].
Diese Ergebnisse können in Zusammenhang mit früheren in vitro Daten gestellt werden, die hypertoner Salzlösung neben den sekretolytischen, auch antientzündliche und anti-infektiöse Effekte bescheinigen [9].
Bei RSV-Infekten der oberen Atemwege konnte bereits klinisch gezeigt werden, dass Nasenspülung und Gurgeln mit HS (2-3%) die Dauer der Infektion verkürzt, die OTC- Medikation und die Übertragung zw. Menschen in einem Haushalt sowie die Virusausscheidung reduzieren kann [10]. Derzeit werden nun auch bei COVID-19 zwei klinische Studien mit HS als Nasenspülung durchgeführt [11, 12], um die Wirksamkeit von HS gegenüber SARS-CoV2 auch in vivo zu belegen.
HS bietet das Potential für eine einfache, sichere und kostengünstige Intervention für verschiedene Stadien der COVID-19-Behandlung. Die Gruppe um Machado sieht darin eine Möglichkeit, die Prognose der infizierten Patienten zu verbessern und die sozialen und ökonomischen Kosten zu vermindern.
Ob und unter welchen Bedingungen Budesonid bei ambulanten COVID-19 Patienten eingesetzt werden kann, wird derzeit zum Teil kontrovers diskutiert. Auf der nachfolgenden Seite erhalten Sie einen Überblick über die Studienlage und wann die Inhalation als Verneblerlösung eine gute Alternative darstellen kann.
Das Inhalieren mit isotoner Kochsalzlösung kann die ausgeatmete Menge an Bioaerosolen und damit auch die Keimlast um bis zu 2/3 reduzieren.[1]
So kann eine zusätzliche Schutzwirkung für Mitmenschen vor einer Ansteckung erreicht werden.
Das Inhalieren von isotoner Kochsalzlösung ist auch zur Vorbeugung von Atemwegsinfekten hervorragend geeignet. Durch ein geeignetes Inhalationsgerät gelangt die Inhalationslösung direkt an die Schleimhaut der Atemwege und hält diese feucht. So wird die natürliche Barrierefunktion unserer Atemwege unterstützt.[1]
Es bleibt die Frage, warum sich das Inhalieren von Kochsalzlösung bei Atemwegsinfekten, wie z. B. Corona nicht stärker etabliert hat. Schließlich ist es einfach zu handhaben, kostengünstig und effizient. Bereits 2007 konstatierte Prof. Köhler in seiner damaligen Funktion als Präsident der DGP: „Insgesamt ist die Inhalation mit Kochsalz unabhängig von der Art des Krankheitserregers wirksam – und das ohne Neben- oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu verursachen.“ [13] In ähnlicher Weise stellt zuletzt auch Dr. Thomas Voshaar; Aerosol-Experte und ärztlicher Berater des Gesundheitsministeriums, fest: „Zur Reduktion der Infektiosität und zur Vermeidung der Ausbreitung einer Virusinfektion müssen alle erfolgversprechenden Maßnahmen genutzt werden.“[1]
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Die Hygiene spielt natürlich eine große Rolle beim Inhalieren. Das gilt in Zeiten der Corona-Pandemie aber auch generell. Die PARI Vernebler sind ganz einfach per Auskochen desinfizierbar und somit hygienisch sicher, auch ohne chemische Desinfektionsmittel.
Aufgrund der nach wie vor vorhandenen Unsicherheit im Hinblick auf das Coronavirus wird in manchen Situationen die Verwendung des PARI Filter Ventil Sets empfohlen.[7] So zum Beispiel, wenn COVID-19 Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen im Krankenhaus mit einem Vernebler inhalieren.
„Patienten mit chronischen Atemwegsvorerkrankung sollten ihre Therapie so durchführen wie bisher auch. Das gilt auch dann, wenn sie Cortison auf dem Therapieplan stehen haben. Wenn zum unkontrollierten Asthma eine COVID-19 dazu kommt, ist das viel kritischer, als Cortison weiter zu inhalieren und auf konsequenten Schutz vor Ansteckung zu achten.“, so Prof. Dr. Wolfgang Kamin im Interview mit PARI.
Es ist derzeit also besonders wichtig, dass Atemwegspatienten adhärent und gut therapiert sind. Die Adhärenz kann durch Anwendungsfehler maßgeblich beeinträchtigt werden, da sowohl ein Ausbleiben der Wirkung, als auch lokale Nebenwirkungen zum eigenständigen Absetzen der Therapie führen können.[14] Durch die Inhalation mittels Vernebler können Anwendungsfehler weitgehend reduziert werden, da die natürliche Ruheatmung als „Inhalationstechnik“ ausreicht.
Zudem ist die, für viele Atemwegspatienten wichtige Sekretolyse durch das Inhalieren von Salzlösungen nur mit einem Vernebler möglich. Deshalb ist das Inhalieren von Salzlösung auch ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung von Mukoviszidose Patienten. Prof. Dr. Rainald Fischer verdeutlicht im Interview mit PARI: „ Atemwegs-Patienten, die feucht inhalieren, sollten die Inhalation wie gewohnt weiterführen.“
Die Pflege der Atemwege kann zum Schutz vor Virusinfektionen beitragen. Schon seit Jahrhunderten ist bekannt, dass salzhaltige Luft eine heilsame und beruhigende Wirkung auf die Atemwege hat. Durch das Inhalieren von Salz werden die Schleimhäute befeuchtet und die natürliche Selbstreinigung gestärkt.
Brigitte Schmailzl, Physiotherapeutin der deutschen Bob-Nationalmannschaft und Referenzzentrum für Sport-Atempyhsiotherapie im Gespräch zur Bedeutung der Inhalationstherapie im Kontext von Schutz vor Virusinfektionen.
Etwa 34 % aller COVID-19 Patienten leiden unter einer erhöhten Schleimproduktion.[15] Oszillierende PEP-Systeme (O-PEP) können hilfreich sein, um überschüssigen Schleim abzubauen und dadurch die Erschöpfung von COVID-19-Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen durch den Husten zu reduzieren. [16] Die O-PEP Therapie wird somit als sinnvolle Maßnahme zur Atemwegsphysiotherapie bei Patienten mit bestätigter oder vermuteter COVID-19 Infektion angesehen.[15]
Manche PEP Systeme, wie das PARI PEP S bieten auch die Möglichkeit die PEP-Therapie direkt mit der Verneblertherapie zu verknüpfen, was sowohl Patienten als auch dem Krankenhauspersonal Zeit sparen kann. Ganz unabhängig von Corona ist die PEP-Therapie ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen, wie z. B. Mukoviszidose, COPD oder Bronchiektasen.
[1] https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/einfaches-inhalieren-kann-die-ansteckungsgefahr-mit-coronaviren-deutlich-senken/
[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText1
[3] Fink et al: Reducing Aerosol-Related Risk of Transmission in the Era of COVID-19: An Interim Guidance Endorsed by the International Society of Aerosols in Medicine. Journal of Medicine and Pulmonary Drug Delivery, Vo.33, No. 0, 2020.
[4] https://www.nice.org.uk/guidance/ng168/resources/covid19-rapid-guideline-communitybased-care-of-patients-with-chronic-obstructive-pulmonary-disease-copd-pdf-66141907467973
[5] Stieglitz S et al: Stellungnahme der AG pneumologische Altersmedizin zu COVID-19 bei geriatrischen Patienten. Pneumologie 2020; 74: 505–508. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7534603/pdf/10-1055-a-1177-3588.pdf
[6] Pfeifer et al: Positionspapier zur praktischen Umsetzung der apparativen Differenzialtherapie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei COVID-19. Pneumologie 2020; 74: 337–357. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1157-9976.pdf
[7] US COPD Foundation: COVID-19, COPD and you: Important strategies from leading medical experts on managing your health. (Q22)
[8] Machado R. et al., Hypertonic saline solution inhibits SARS-CoV-2 in vitro assay. BioRxiv preprint 2020. https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.08.04.235549v1
[9] Reeves EP et al. Hypertonic saline in treatment of pulmonary disease in cystic fibrosis. The Scientific World Journal 2012; doi:10.1100/2012/465230
[10] Ramalingam S, Graham C, Dove J, Morrice L, Sheikh A. A pilot, open labelled, randomised controlled trial of hypertonic saline nasal irrigation and gargling for the common cold. Sci Rep 2019;9:1015
[11] NCT. Hypertonic Saline Nasal Irrigation and Gargling in Suspected or Confirmed COVID-19 (ELVIS COVID-19). 2020; https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04382131
[12] NCT. Hypertonic Saline for COVID-19 Symptoms. 2020; https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04465604
[13] https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/einfaches-inhalieren-kann-troepfcheninfektion-effektiv-eindaemmern/
[14] Rootmensen GN et al: Predictors of incorrect inhalation technique in patients with asthma or COPD: a study using a validated videotaped scoring method. J Aerosol Med Pulm Drug Deliv 2010; 23(5): 323-8
[15] Thomas P, Baldwin C, Bissett B, et al. Physiotherapy management for COVID-19 in the acute hospital setting. Recommendations to guide clinical practice. J Physiother. 2020;(1).
[16] Yang L-L, Yang T. Pulmonary rehabilitation for patients with coronavirus disease 2019 (COVID-19). Chronic Dis Transl Med. 2020;6(2):79-86.
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