Leben mit COPD: Erfahrungen eines COPD-Patienten

Eberhard Jordan leidet an COPD im 4. Grad, was Endstadium bedeutet. Trotzdem führt er ein aktives und glückliches Leben. Eine entscheidende Rolle spielt dabei Sport. Seinen Weg zu diesem erfüllten Leben mit COPD schildert er im Interview.

PARI-Blog: Herr Jordan, warum haben Sie eigentlich COPD?

Eberhard Jordan: Aus dem gleichen Grund, wie die meisten anderen COPD-Patienten vermutlich auch. Ich habe jahrelang viel geraucht, keinen Sport gemacht, nicht auf meinen Körper gehört. Im Jahr 2000 war ich das erste Mal beim Arzt, weil ich Probleme mit der Atmung hatte. Es war zwar nicht wahnsinnig schlimm, aber Treppensteigen und bergauf gehen wurde eben mühsam. Damals wurde COPD im 2. Grad diagnostiziert, woraufhin mir der Arzt riet, das Rauchen einzustellen. Diesen Rat meines Arztes habe ich ignoriert, wie das die meisten anderen Raucher auch tun, die auf COPD zusteuern. Ich habe die Diagnose nicht als Warnsignal gesehen, dachte: ‚Man wird eben älter.‘ Dabei hätten die Alarmglocken schrillen müssen.

PARI-Blog: Warum hätten bei COPD im 2. Grad die Alarmglocken schrillen müssen?

Eberhard Jordan: Ich hätte COPD im 2. Grad als die Diagnose verstehen sollen, die sie ist. Es ist kein Kinkerlitzchen, sondern eine ernstzunehmende Lungenkrankheit, die fortschreitet, wenn man nichts dagegen tut. Bei COPD im 2. Grad kann man noch etwas tun. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass man die Krankheit heilen kann. Aber man kann das Fortschreiten aufhalten und damit seinen noch guten Zustand halten. Denn der Weg zu COPD im 3. und 4. Grad kann ein sehr kurzer und sehr brutaler sein. Mir war das aber nicht klar. Der Begriff COPD sagte mir damals nichts. Auch heute ist COPD in der Öffentlichkeit nicht ausreichend bekannt, wie ich finde. Diabetes oder Lungenkrebs ist in aller Munde. Das sagt jedem etwas. Aber COPD kennt keiner und damals konnte man mit dem Begriff noch weniger anfangen als heute. Die Diagnose schockte mich deswegen nicht. Ich habe einfach weiter geraucht, zu viel Alkohol getrunken und weiterhin keinen Sport gemacht. Das hat sich Jahre später sehr gerächt.

PARI-Blog: Inwiefern hat sich Ihr Verhalten gerächt?

Eberhard Jordan: Mein Zustand verschlechterte sich seit der Diagnose COPD im 2. Grad kontinuierlich, bis dann 2014 mein gesundheitlicher Totalzusammenbruch kam. Beim Einkaufen überfiel mich eine extreme Luftnot. Ständig musste ich nach wenigen Schritten eine Pause einlegen. Mir war schwindelig. Schließlich konnte ich nur noch sitzen und war nicht mehr im Stande von der Sitzbank aufzustehen. Ich verständigte meine Tochter und fand mich kurz danach auf der Intensivstation wieder, wo ich beatmet werden musste. Zehn Tage lag ich auf der Intensivstation. Von meinem Aufenthalt auf der Intensivstation habe ich nicht viel mitbekommen. Ich wurde sediert, weil die Ärzte offensichtlich Angst hatten, ich würde davonlaufen. Von der Idee, im Spital zu bleiben, war ich nämlich überhaupt nicht begeistert, und sträubte mich dagegen, obwohl es mir miserabel ging. Die Ärzte stellten COPD im 4. Grad fest. Meinen Töchtern sagten sie, dass ich wahrscheinlich ein Pflegefall werden würde.

PARI-Blog: Intensivstation und die Diagnose COPD im Endstadium. Was hat das mit ihrem Leben gemacht?

Eberhard Jordan: Mein Leben war natürlich ein ganz anderes als vorher. Nach meiner Entlassung aus der Intensivstation konnte ich keine zehn Meter alleine gehen. Das musste ich erst mit Hilfe meiner Töchter wieder lernen. Ich hatte keine Kraft, keine Muskeln, wog bei einer Größe von 1,70 Meter gerade mal 43 Kilo. Alles war wahnsinnig anstrengend. Ich fühlte mich im höchsten Maße ohnmächtig. Wenn ich außer Haus unterwegs war, war immer jemand bei mir. Ich hatte Angst, es alleine nicht mehr nach Hause zu schaffen und wieder die Rettung rufen zu müssen. Das Positive aber war, mit der Entlassung aus dem Spital hatte ich auf einen Schlag keine Lust mehr auf Rauchen und Alkohol. Außerdem begann ich mit Rückentraining und Spaziergängen durch den Prater – anfangs immer in Begleitung von Familie oder Freunden. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich alleine Spazierengehen konnte und es zur Bushaltestelle schaffte, um eigenständig ins Fitnessstudio zum Rückentraining zu fahren.

PARI-Blog: Dieser Weg klingt ziemlich hart und steinig. Warum sind Sie ihn trotzdem gegangen und hat es sich gelohnt?

Eberhard Jordan: Ich bin Vater und Großvater. Das möchte ich auch noch eine Weile bleiben. Das war und ist meine Motivation nicht aufzugeben und mich immer wieder aufzuraffen. Natürlich war es nicht immer einfach, zu trainieren, und es hat mich Überwindung gekostet. Aber ich habe recht schnell gemerkt, dass mir das Training und die Spaziergänge guttun. Es ging zwar langsam, aber doch stetig ein bisschen aufwärts. Mittlerweile kann ich meinen Alltag wieder alleine bestreiten. Und komme ohne fremde Hilfe zurecht. Außerdem bin ich in der Lage regelmäßig Sport zu treiben.

PARI-Blog: Das ist schön zu hören. Wie gestaltet sich Ihr Leben mit COPD und Ihr Alltag heute? Gibt es Herausforderungen?

Eberhard Jordan: Auch wenn es mir heute im Vergleich zu vor einigen Jahren sehr viel besser geht, stellt mich die COPD im Alltag vor Herausforderung. Ein Beispiel ist Staubsaugen. Bei der schiebenden Bewegung in Kombination mit der gebückten Körperhaltung, bei der mein ganzer Rumpf zusammengedrückt wird, bekomme ich schlecht Luft. Einkäufe tragen ist auch so ein Thema. Ich kann zwar schwer heben und gut gehen, aber beides gleichzeitig ist problematisch. Das packe ich nicht. Dieses Problem habe ich nun so gelöst, dass ich für den Einkauf einen Trolley nutze. Es gibt immer wieder Situationen, in denen mich die COPD fordert und mich Luftnot und Panik überfallen. Die Ursache dafür muss dabei nicht immer eine körperliche Anstrengung sein, sondern auch psychischer Stress kann dies auslösen.

PARI-Blog: Luftnot und Panik durch psychischen Stress? Können Sie Beispiele nennen?

Eberhard Jordan: Zum Beispiel war ich Hosen kaufen. In der engen Umkleidekabine stand ich vor der Wahl zwischen drei Hosen. Ich setzte mich unter Druck, wollte mich schnell entscheiden, um den Einkauf zügig zu erledigen. Das löste Aufregung in mir aus. Bei Aufregung bleibt mir oft die Luft weg. Deswegen ist es mir wichtig, Aufregung so gut es geht zu vermeiden. Klassisches Beispiel: Wenn ich einen Termin habe, versuche ich immer mindestens 10 Minuten zu früh dran zu sein, damit keine Hektik aufkommt.

PARI-Blog: Aus Ihren Erfahrungen heraus, was würden Sie anderen COPD-Patienten raten?

Eberhard Jordan: Die Warnzeichen bereits in einem frühen Stadium der COPD ernst nehmen und Maßnahmen ergreifen; das heißt Rauchen einstellen, Medikamente nehmen und Sport treiben. Patienten mit einer fortgeschrittenen Form rate ich, nicht aufzugeben und sich zu Bewegung und Sport aufzuraffen, auch wenn es anfangs sehr anstrengend sein kann. Sport geht auch noch mit COPD 4, wie man an mir sehen kann. Es steigert die Fitness im Alltag und die Lebensqualität ungemein.

PARI-Blog: Sport ist für Sie ein wichtiges Thema. Sie stellen sich jährlich Ihrer persönlichen Challenge am Welt-COPD-Tag. Wie ist Ihre jüngste Challenge gelaufen?

Eberhard Jordan: Die COPD-Challenge ist super gelaufen. Ich bin gemeinsam mit meinem Lungenfacharzt und Physiotherapeuten auf den Wiener Donauturm gestiegen. Das waren über 770 Stufen. Ich habe es ohne Sauerstoff und in knappen 50 Minuten geschafft. Das beweist: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – egal, ob ohne oder mit COPD. Ich bin sehr stolz auf mich und hoffe, andere COPD-Patienten mit meiner Aktion zu Sport und konsequenter COPD-Therapie zu ermutigen.

PARI-Blog: Herr Jordan, herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Leistung und vielen Dank für das Gespräch.


Über Eberhard Jordan

Bei Eberhard Jordan wurde 2000 COPD diagnostiziert. Seit 2014 leidet er an COPD im 4. Grad. Seit 2017 betreibt er einen Blog zum Thema Aktives Leben mit COPD. Außerdem berichtete er in einem zweiten Blog über seine Aktion myCOPD-Challenge. Damit setzt er sich dafür ein, dass der schwerwiegenden Lungenerkrankung COPD in der Öffentlichkeit mehr Beachtung geschenkt wird.


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Hinweise: Fotos inkl. Teaserbild zur Verfügung gestellt von Eberhard Jordan. Fotografen: Christoph Hopf, Inka Schleicher.

Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.


Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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