Freitag, 30. Juni 2023
Menschen, die dauerhaft eine Trachealkanüle tragen, können ein weitestgehend normales Leben führen. Jürgen Lippert, Vizepräsident des Bundesverbandes der Kehlkopfoperierten e. V. und selbst Tracheostoma-Träger, teilt seine Erfahrungen im Interview.
Die Befragung dauert 10 Minuten. Für jede Teilnahme spenden wir 10 Euro an UNICEF.
Jürgen Lippert: Im Mai 2003 wurde mir der Kehlkopf aufgrund einer Krebserkrankung entfernt. Seitdem lebe ich mit einem Tracheostoma.
Jürgen Lippert: Nach der Operation musste ich mich erst an die neue Situation gewöhnen. Ein Tracheostoma bedeutet eine große Umstellung, die einem viel Geduld abverlangt. In der Regel dauert es ungefähr ein bis zwei Jahre, bis man sich an die neuen Umstände angepasst und wieder seine gewohnte Lebensqualität erreicht hat. Darauf stelle ich Betroffene und deren Angehörige ein, mit denen ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Patientenbetreuer spreche. Bei mir selbst ging die Umstellung relativ schnell. Ich konnte bereits nach einem dreiviertel Jahr nach der Operation wieder meine Arbeit aufnehmen. Aber das ist nicht bei jedem so.
Ein Tracheostoma ist eine künstliche Öffnung der Luftröhre. Sie ist dann erforderlich, wenn auf natürlichem Wege nicht mehr oder erschwert geatmet werden kann. Dies kommt aufgrund einer Erkrankung der oberen Atemwege oder des Kehlkopfes vor. Häufige Ursachen hierfür sind (alphabetische Reihenfolge):
Ein Tracheostoma wird angelegt, indem die Chirurgin oder der Chirurg durch einen Luftröhrenschnitt einen Zugang durch die Weichteile des Halses herstellen. Im Anschluss legen sie ein Röhrchen aus Metall oder Kunststoff (Trachealkanüle) ein, welches das Tracheostoma offen hält.
Jürgen Lippert: Da man nicht mehr durch Mund und Nase, sondern über die Trachealkanüle atmet, kommt es zu mehreren Einschränkungen. Man muss vieles neu erlernen beziehungsweise sich umstellen: sprechen, riechen, schmecken, schlucken – alles funktioniert mit einer Trachealkanüle anders. Aber im Laufe der Zeit lernt man, damit umzugehen und zu leben.
Jürgen Lippert: Ja, nach der Entfernung des Kehlkopfes und dem Anbringen einer dauerhaften Trachealkanüle sind unterschiedliche Therapien notwendig. Zum einen braucht man Unterstützung von einer Logopädin oder einem Logopäden, um schlucken und sprechen wieder zu erlernen. Außerdem wird Feuchtinhalation mit einem Vernebler empfohlen, um das Sekret, das sich in der Trachealkanüle ansammelt, einfacher abhusten oder absaugen zu können. Der Schleim muss entfernt werden, um besser atmen zu können und dass sich keine Infektionen entwickeln. Ich habe nach der Operation ungefähr ein halbes Jahr mit einem Gerät inhaliert. Dann konnte ich die Inhalation absetzen, da ich gelernt habe, auch ohne Inhalation oder Absaugung, das Sekret aus der Kanüle abzuhusten. Ich kenne aber andere Betroffene, die dauerhaft inhalieren, um die Verschleimung besser unter Kontrolle zu haben.
Jürgen Lippert: Ich habe ein bis zwei Mal am Tag mit einem Vernebler Salzlösung inhaliert. Die Inhalation hat bei mir immer zwischen zehn und zwölf Minuten gedauert. Für die Inhalation habe ich den Vernebler mit einer Maske, die speziell für das Tracheostoma konzipiert ist, am Tracheostoma am Hals angelegt und darüber Kochsalzlösung eingeatmet.
Jürgen Lippert: In der Regel nicht. Aber in der feucht-kalten Jahreszeit, also Herbst und Winter, stelle ich eine stärkere Verschleimung fest. Dann muss ich häufiger am Tag Sekret aus der Trachealkanüle abhusten.
Jürgen Lippert ist Vizepräsident des Bundesverbandes der Kehlkopfoperierten e.V., Präsident des Landesverbandes der Kehlkopfoperierten Sachsen e.V. sowie Leiter des Landesverbandes Bayern. Seit 2003 lebt er mit einem Tracheostoma. Als Patientenbetreuer bereitet er andere Betroffene auf ein Leben mit Tacheostoma vor und begleitet sie während des Prozesses.
Der Bundesverband Kehlkopf- und Kopf-Hals-Tumore e. V. versteht sich als zentrale Anlaufstelle für Kehlkopfoperierte, Kehlkopflose, Halsatmer, an Rachen- und Kehlkopfkrebs Erkrankte und deren Angehörige. Er unterstützt u.a. bei der Vermittlung von Kontakten zu Fachambulanzen sowie Therapeuten und hilft bei sozialrechtlichen Problemen.
Hinweis: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.
Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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