Freitag, 6. Mai 2022
Einige, die sich mit Corona infiziert haben und als genesen gelten, sind trotzdem nicht wirklich gesund. Sie leiden an Long COVID in unterschiedlichen Ausprägungen. Manchmal äußert sich Long COVID auch durch Beschwerden und Folgen für die Lunge. Anfang Juni 2021 haben wir darüber mit dem Pneumologen Prof. Dr. Rainald Fischer gesprochen.
Prof. Dr. Rainald Fischer: In jeder Sprechstunde haben wir mindestens zwei bis drei Patienten, die nach einer Corona-Infektion zu uns kommen. Wir sehen Männer genauso wie Frauen und auch alle Altersstufen. Vor kurzem war auch ein achtjähriges Kind da. Seit der dritten Welle kommt niemand mehr, der älter als 65 ist. Das ist sehr wahrscheinlich der Effekt der Impfung.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Die meisten hatten eine Lungenentzündung. Die Schweregrade sind unterschiedlich. Einige waren im Krankenhaus, es kommen auch viele mit kaum oder keinen Lungeneinschränkungen zur Kontrolle.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Wir sehen häufig bronchiale Überempfindlichkeiten. Die Betroffenen klagen darüber, schlecht Luft zu bekommen, schlecht belastbar zu sein und schon bei geringer Anstrengung ein Gefühl der Atemnot und Erschöpfung zu entwickeln. Restriktionen, also eine Abnahme des Lungenvolumens, sehen wir bei unseren Patienten nicht so häufig.
Was aber häufig aufritt sind Einschränkungen der Diffusionskapazität, das heißt der Durchlässigkeit der Lungenbläschen für Sauerstoff. Diese liegt meist statt bei 100 Prozent nur noch bei 80 Prozent. In der Bildgebung, wie Computertomographie, sieht man häufig nichts, aber die Patienten berichten auch dann von Einschränkungen.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Asthmatiker, die Corona gehabt haben, stecken die Infektion oft besser weg. Denn sie inhalieren häufig ein Glucocorticoid-Spray als Standardtherapie oder setzen es ein, sobald sie von der Corona-Infektion erfahren. Es gibt erste Studien-Hinweise dafür, dass diese Sprays schwere Verläufe von COVID-19 abmildern können.
COPD-Patienten mit Corona und Long-COVID-Folgen sehen wir nicht so häufig, wenngleich wir schon den ein oder anderen Patienten haben, der aus der ersten Welle durch lange Beatmungszeiten noch heute Probleme hat.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Langfristige Beschwerden und Einschränkungen der Lunge gibt es fast nur bei schweren und sehr schweren Verläufen. Bei schweren Verläufen sind häufig Veränderungen am Röntgenbild sichtbar und es kommt zu funktionellen Einschränkungen. Der FEV1-Wert der Lungenfunktion liegt regelmäßig unter 90 Prozent. Manchmal ist der bronchiale Widerstand erhöht, das heißt, es liegt eine leichte Überblähung der Lunge vor.
Sobald es während der Corona-Infektion zu einer Lungenentzündung kam, kann man davon ausgehen, dass Lunge und Körper eine gewisse Zeit zur Erholung benötigen. Dies dauert mindestens zwei Monate, kann sich aber auch bis zu einem halben Jahr oder länger hinziehen. Die Patienten müssen Geduld mitbringen. Eine vollkommene Genesung und Erholung der Lunge benötigt Zeit.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Ist die Lungenentzündung, ausgelöst durch das Corona-Virus, noch aktiv, werden Kortison-Tabletten eingenommen. Tritt eine bronchiale Überempfindlichkeitsreaktion auf, helfen Bronchien erweiternde Sprays, die meist mit einer Inhalierhilfe, wie der VORTEX, inhaliert werden. Es gibt auch Patienten, die während oder nach der Corona-Lungenentzündung 0,9 bis 3-prozentige Kochsalzlösung mit einem Vernebler inhalieren. 0,9-prozentige Salzlösung wirkt auf die Bronchien befeuchtend und entspannend und 3-prozentige Salzlösung hilft bei der Sekretmobilisation.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Die Betroffenen inhalieren in der Regel einmal am Tag und über mehrere Wochen oder Monate hinweg, abhängig von ihren Beschwerden und ihrem Bedarf.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Einige Patienten gehen zur Atemphysiotherapie und lassen sich mit einer reflektorischen Atemtherapie behandeln. Die Atemphysiotherapie wird beim Vorliegen entsprechender klinischer Einschränkungen verschrieben. Manche Patienten gehen auch in Eigeninitiative zur Physiotherapie.
Prof. Dr. Rainald Fischer: Wenn jemand COVID-19 hatte, aber keinerlei Probleme mit der Lunge, braucht er sich in der Regel keine Sorgen zu machen. Dann hat die Lunge keinen Schaden davongetragen. Sollten Patienten anhaltende oder langfristige Beschwerden wie Atemnot und geringe Belastbarkeit haben, man aber an der Lunge weder in den bildgebenden Verfahren noch an der Lungenfunktion etwas sehen kann, dann sollten diese Patienten daran denken, einen Kardiologen aufzusuchen. Denn es könnte eine Myokarditis, also eine Herzmuskelentzündung, vorliegen.
Hinweis: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.
Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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