Freitag, 14. Februar 2020
Valentinstag – Fest der Liebe, Tag der Blumen, Herzchen und Küsschen. Doch wie schafft man es, das Gefühl einer erfüllten Beziehung nicht nur am 14. Februar auflodern zu lassen, sondern auch im Alltag zu erleben? Noch dazu, wenn einer der Partner chronisch krank ist? Das geht! Wir haben mit glücklichen Paaren gesprochen, bei denen einer der beiden Partner gesund ist, und der andere an einer chronischen Atemwegserkrankung leidet. Sie haben uns erzählt, warum ihre Beziehungen glücklich sind und Ratschläge gegeben.
„Geht man eine Beziehung zu einem chronisch kranken Menschen ein, muss man sich darauf einstellen, dass es nicht leicht wird. Es ist teilweise ein sorgenvolles Leben. Man braucht Geduld und Stärke. Zum einen mentale Stärke, weil gesundheitliche Tiefs und Angst häufiger auftreten als mit einem gesunden Partner. Zum anderen ist Stärke auch im wortwörtlichen Sinne gemeint. Ich übernehme manchmal Dinge im Alltag, die man von der klassischen Rollenverteilung her eher dem Mann zuordnet, wie zum Beispiel schwere Einkaufstüten schleppen. Das mache ich, weil meinem Mann die Kondition dafür fehlt.
Man sollte Wege für sich finden, mit den Sorgen und Ängsten umzugehen. Mir hilft hier Sport sehr viel. Wenn ich mich beim Sport auspowere, dann sehe ich die Situation hinterher nur noch halb so wild.
Reden ist gut, aber zu viel reden ist schlecht. Man sollte dringend vermeiden, dass die Krankheit Dauerthema und Gesprächsthema Nummer eins wird.
Eine Beziehung zu einem chronisch kranken Partner bedeutet zwar Einschränkungen, man bekommt aber dafür andere Sachen – mehr Genuss und Bewusstsein für den Moment, mehr Innigkeit und Nähe sowie die Fähigkeit, immer das Beste aus einer Situation zu machen. Deswegen würde ich vor einer Beziehung mit einem chronisch kranken Menschen nie zurückschrecken. Wie gesagt, ich würde Sven immer wieder heiraten. Wir sind glücklich. Einige Paare, die wir kennen und bei denen beide gesund sind, haben sich mittlerweile getrennt. Wir sind noch zusammen und planen das auch noch viele Jahre zu sein.“
„Bevor man eine Beziehung zu einem chronisch kranken Menschen eingeht, sollte man sich gut überlegen, ob man bereit ist, diesen Weg zu gehen. Ein Leben mit einem kranken Menschen an der Seite ist anders. Eine chronische Erkrankung bringt Einschränkungen. Ich will damit nicht sagen, dass chronisch Kranke nicht liebenswert sind, aber es ist kein normales Leben im herkömmlichen Sinne. Das sollte sich der Gesunde bewusst machen. Ansonsten wäre die Beziehung Zeitverschwendung. Zeitverschwendung für sich selbst, und vor allem für den Kranken, der möglicherweise eine verkürzte Lebenserwartung hat, weil man in der Zeit vielleicht jemand anderen hätte finden können. Hat man sich für die Beziehung entschieden, lautet das Motto: Genieße die Ehe, die gemeinsamen Momente und die Liebe intensiv. Man weiß nie, wann sich der gesundheitliche Zustand verschlechtert. Deswegen gilt es im Moment zu leben.“
Sven Weiboldt, leidet an Primärer Ciliärer Dyskinesie (PCD) und ist seit über 20 Jahren glücklich mit seiner Partnerin zusammen.
“Wenn der Partner krank ist, gilt es, den Blick immer auf die guten Tage zu richten, diese zu genießen. Gibt man den schlechten Tagen viel Gewicht, kann man in einen Selbstmitleidsrhythmus verfallen. Es ist wichtig, sich bewusst vom Leistungsdenken abzukapseln und andere Maßstäbe für Erfolg vor allem an seinen Partner zu setzen. Auch wenn es aufgrund der Prägung durch die Leistungsgesellschaft schwerfällt, ist es wichtig, Menschen nicht ausschließlich danach zu beurteilen, was sie können und leisten, sondern nach deren Wesen und Charakterzügen. Das rate ich auch Gesunde, da jedem die eigene Leistungsfähigkeit genommen werden kann – zum Beispiel durch einen Unfall, eine Erkrankung oder durch Jobverlust. Daher ist es wichtig, auch andere Werte zu haben.
In unserer Beziehung wird es manchmal schwierig, wenn es meinem Mann nicht gut geht. Dann sind wir beide in Sorge und überfordert mit der Situation. Aus diesem Gemütszustand heraus machen wir uns ab und zu Vorwürfe. Mein Mann sagt manchmal, ich hätte keine Ahnung, wie es einem gehe, wenn man nicht atmen könne. Ich erwidere dann, er hätte keine Ahnung, wie es einem gehe, wenn man seinen Mann zum tausendsten Mal ins Krankenhaus fahren und den Kindern diese schwierige Situation erklären müsse. Das Gefühl, nicht verstanden zu werden, die Sorge und der Druck trüben den Blick. Wir vergessen, dass wir eigentlich ein gutes Team sind. Solche Konflikte lösen sich von selbst auf, wenn es meinem Mann wieder besser geht oder wir bewusst versuchen, uns in die Situation des anderen zu versetzen. Wir versuchen uns immer vor Augen zu führen, dass man von der Situation enttäuscht ist und nicht vom Partner.“
„Grundsätzlich gibt es für nichts eine Garantie: Gesundheit, Liebe, Beziehung – all das ist etwas Besonderes und nicht garantiert. Dessen sollte man sich, egal ob gesund oder chronisch krank, immer bewusst sein. Aus der Sicht eines chronisch Kranken erscheint es mir für eine funktionierende und glückliche Beziehung zum einen ganz wichtig zu sein, dass man sich selbst als liebeswert erachtet trotz der Erkrankung. Man sollte nicht das Gefühl haben, weniger wert zu sein, weil man unheilbar krank ist. Das ist ein Trugschluss und eine Falle, in die man nicht tappen sollte. Ich hatte diese Gedanken auch, bevor ich mit meiner Frau zusammenkam. Ich dachte, ich möchte für sie das Beste und mit meiner Erkrankung kann ich das gar nicht sein. Von solchen Gedanken muss man Abstand nehmen. Zum anderen ist es wichtig, dass man offen miteinander spricht ohne Hemmungen. Das gilt gerade für Männer. Männer sehen eine chronische Erkrankung oft als körperliche Schwäche an, die ein Mann nicht haben darf, weil er zum vermeintlich starken Geschlecht gehört. Da helfen offene Kommunikation und ein offener Umgang mit der Erkrankung in dem Sinne, dass die Partnerin zum Beispiel auch zum Arzt mitgeht und erfährt, was gesundheitlich geht und was nicht.
Steht ein Gesunder vor der Entscheidung, sich für einen Kranken zu entscheiden, dann sollte er sich fragen: Liebe ich diesen Menschen? Wenn ja, dann: go for it! Sprich mit deinen Eltern, besten Freunden und Vertrauten vor der Heirat. Damit du dir wirklich sicher bist. Ist der gewählte Partner chronisch krank, dauern die Gespräche und Abwägungen vielleicht etwas länger. Aber Krankheit sollte kein Hindernis sein für die Liebe. Einmal hat mir eine gesunde junge Frau geschrieben, ihre Eltern hätten ihr davon abgeraten, einen an Mukoviszidose erkrankten Mann zu heiraten. Sie verbaue sich damit ihr Leben. Hier sage ich: Auch Eltern müssen ihrem Kind die Freiheit geben, sich frei entscheiden zu dürfen, wenn es um die Liebe geht. Soll man auf die Liebe zu einem Menschen verzichten, weil dieser krank ist? Wahre Liebe ist etwas Außergewöhnliches. Nichts ist gesetzt – weder Gesundheit noch Lebenserwartung. Als ich in der ersten Klasse war, gingen alle davon aus, dass ich bald sterben und das Erwachsenenalter nicht erreichen würde. Ich lebe immer noch. Drei gesunde, ehemalige Klassenkameraden sind bereits tot.“
Die Frage nach dem Geheimnis einer glücklichen Beziehung haben sich wohl schon die meisten Menschen gestellt. Klar ist, eine glückliche Beziehung ist immer mit Arbeit und Bemühungen verbunden. Leidet einer der beiden Partner an einer chronischen Lungenerkrankung, steht die Beziehung auf jeden Fall vor anderen Vorzeichen und bringt die ein oder andere Hürde mit sich. Dessen sollte man sich bewusst sein.
1. Lebt eure Ehe, die gemeinsamen Momente und die Liebe intensiv, weil ihr nie wisst, wann sich der gesundheitliche Zustand des kranken (aber auch des gesunden) Partners ändern wird.
2. Macht euch immer bewusst: Es gibt grundsätzlich keine Garantie für Gesundheit, Liebe und eine glückliche Beziehung. All das ist etwas Besonderes, egal ob gesund oder chronisch krank.
3. Liebt euch selbst und fühlt euch liebenswert, so wie ihr seid (auch mit einer chronischen Erkrankung).
4. Sprecht offen und ohne Hemmungen miteinander – auch über die Erkrankung. Was geht, was nicht? Pflegt einen offenen Umgang, in dem Sinne, dass ihr manche Arzttermine gemeinsam wahrnehmt. Das hilft dem gesunden Partner, den Zustand des Kranken besser nachvollziehen zu können. Für den Kranken kann es eine Entlastung sein, weil nicht immer er dem Partner erklären muss, was er aus gesundheitlichen Gründen nicht kann.
5. Lasst aber die Krankheit nicht zum Dauerthema werden. Sollten die Gespräche beginnen, sich im Kreis zu drehen oder zur Belastung zu werden, sucht psychologische Hilfe – vor allem derjenige Partner, der negativ in dem Thema Krankheit verharrt.
6. Lasst die Krankheit nicht zum Lebensmittelpunkt werden, lasst euer Leben nicht von der Krankheit beherrschen.
7. Habt Verständnis füreinander und nehmt aufeinander Rücksicht – möglichst gleichberechtigt.
8. Vergesst euch selbst nicht! Der Gesunde sollte sich bewusst machen, dass es auch ein eigenes Leben ohne Krankheit gibt. Der Kranke sollte daran denken, sich nicht zu überfordern und seinen Gesundheitszustand zu schaden, um mit dem Gesunden mithalten und dessen vermeintlichen Ansprüchen standhalten zu können.
9. Unternehmt auch ohne euren Partner etwas und lasst eurem Partner die gleiche Freiheit.
10. Richtet immer den Blick auf die guten Tage und gebt dem Negativen nicht so viel Gewicht.
11. Kapselt euch bewusst vom Leistungsgedanken unserer Gesellschaft ab und setzt andere Maßstäbe für Erfolg. Leistung ist nicht alles – das gilt insbesondere für den chronisch kranken Partner.
Hinweis: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise der Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.
Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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