Donnerstag, 8. August 2024
Lavendelöl, Eukalyptusöl, selbst hergestelltes Salzwasser und andere Substanzen werden häufig als effektive Hausmittel für die Inhalation angepriesen. Zu Unrecht, findet der Pneumologe Prof. Dr. Rainald Fischer. Im Interview spricht er über Risiken der Hausmittel-Inhalation und wirksame Methoden.
Prof. Dr. Fischer: Von diesem Hausmittel zur Inhalation für die Lunge halte ich nichts. Erstens verbleiben die Salzkristalle im Wasser. Denn Salz hat eine deutlich höhere Siedetemperatur als Wasser. Daher bleibt das Salz in der Schüssel, Kochtopf oder Plastik-Inhalator zurück und man inhaliert ausschließlich heißen Wasserdampf, aber kein Salz.
Zudem sind die Tröpfchen zu groß, um in die Lunge zu gelangen. Sie bleiben in Mund und Rachenraum hängen, gelangen aber nicht in die Bronchien und können diese folglich auch nicht befeuchten und den Schleim darin lösen.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen mir in der Sprechstunde von einer Salzinhalation per Wasserdampf berichten. Ich kann nur betonen: Diese Methode ist für die Lunge ineffektiv und damit höchster Unsinn, wenn man die Bronchien behandeln möchte.
Salzlösung gelangt ausschließlich über die Inhalation mit einem elektrischen Inhaliergerät, also einem Vernebler, in die unteren Atemwege. Muss oder möchte man Salz inhalieren, dann bitte mit einem Vernebler. Alles andere ist Zeitverschwendung.
Dazu kommt: Im Gegensatz zu selbst angerührter Salzlösung kann man sich bei professionell hergestellten und steril abgefüllten Salzlösungen sicher sein, dass die Lösung nicht durch ungewollte Stoffe verunreinigt ist. Das ist relevant. Schließlich atmet man die Salzlösung als Nebel tief in die Bronchien.
Also bitte: Erstens mit Vernebler inhalieren und zweitens eine speziell für die Inhalation hergestellte Kochsalzlösung in der Apotheke oder im Fachhandel kaufen und nicht selbst gemischtes Salzwasser inhalieren.
Prof. Dr. Fischer: Sagen wir es mal so: Ich als Lungenfacharzt kann mir nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Form gesund sein soll. Ich möchte keine ölige Substanz in meiner Lunge haben. Das muss alles wieder aus den Bronchien raus.
Teilweise wird die Inhalation von ätherischen Ölen mit Verneblern propagiert. Es gibt nicht genügend Studien zur Inhalation mit ätherischen Ölen, um die Wirksamkeit und die Sicherheit dieser Inhalationsmethode fundiert einschätzen zu können. Daher sollte man dieses Hausmittel mit großer Vorsicht einsetzen.
Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Qualität der auf dem Markt verfügbaren ätherischen Öle erheblich variiert. Da es keine strenge Regulierung bei ätherischen Ölen gibt, können die Etiketten auf den Produkten unvollständige Angaben darüber enthalten, welche Stoffe sich tatsächlich in der Flasche befinden. Manchmal werden Öle gestreckt, was sich negativ auf die Qualität auswirkt.
Folgenden Personen würde ich auf jeden Fall von einer Inhalation mit ätherischen Ölen oder Erkältungsbalsam abraten:
Bei diesen Personen kann die Inhalation von ätherischen Ölen die Bronchien reizen und ein Engegefühl mit Husten sowie Atemnot auslösen.
Prof. Dr. Fischer: Einige! Und von den Hausmitteln rate ich meistens ab. Da gibt es zum Beispiel die Idee, Weihrauch zu inhalieren. Generell ist Rauch immer eher ein Reiz für die Lunge und schon aus diesem Grund kein adäquates Heilmittel.
Es gibt auch Patienten, die sich Cannabis verschreiben lassen wollen und dieses in Kombination mit Tabak inhalieren möchten – weil das angeblich atemwegserweiternd sein soll. Wenn ich Probleme mit engen Bronchien habe, sollte ich dieses Symptom selbstverständlich mit der Inhalation von atemwegserweiternden Medikamenten behandeln und nicht mit Tabak, der nachweislich das Lungengewebe schädigt.
Laut den Pneumologen des Verbandes Pneumologischer Kliniken weisen Studien außerdem darauf hin, dass Cannabis die Entwicklung eines Lungenemphysems sowie die Ansammlung von Sekret in der Lunge verursachen könnte. Das kann auf Dauer zu wiederkehrenden Entzündungen mit struktureller Schädigung der Atemwege durch die Bildung von Bronchiektasen führen.
Ich verstehe manchmal nicht, warum Menschen Hausmitteln mehr vertrauen, die auf Mythen und Mund-zu-Mund-Propaganda basieren, als Methoden und Medikamenten, die klinisch getestet und sicher sowie nachweislich wirksam sind. Nicht alles, wo „selbst gemacht“ und „Natur“ draufsteht, ist automatisch gesund.
Prof. Dr. Rainald Fischer ist niedergelassener Facharzt für Innere Medizin, Teilgebiet Lungen- und Bronchialheilkunde, Fachkunde Notfallmedizin, Schlafmedizin und Allergologie in München-Pasing. Davor war er als Internist und Lungenfacharzt, zuletzt Oberarzt an der medizinischen Universitätsklinik Innenstadt München tätig. Prof. Dr. Rainald Fischer ist Gründungsmitglied und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin, außerdem Mitglied in der ärztlichen Arbeitsgemeinschaft Mukoviszidose.
Hinweis: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Dies spiegelt nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.
Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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